Habe für 1LIVE einen Radiobeitrag zum Start der Initiative
"Teach First Deutschland" gemacht und dazu u.a. auch mit dem Bildungsforscher und Leiter der Shell-Jugendstudie 2006
Prof. Klaus Hurrelmann gesprochen.
Eine kurze Interview-Skizze dazu hier...
Was halten Sie von der Idee, Elitestudenten an Problemschulen zu schicken?
Hurrelmann: Ich finde die Idee grundsätzlich ganz fantastisch – fragt sich nur, ob sie in dieser Form umsetzbar ist.
Wo sehen Sie die Schwachpunkte?
Hurrelmann: Zum Beispiel bei der Suche nach geeigneten Kandidaten. Wir wissen aus der letzten
Shell-Jugendstudie etwas über die Mentalität dieser Elitestudenten. Es gibt zwei Gruppen: Die erste Gruppe, das sind die Karrieristen. Die sind leistungsstark, aber kaum sozial engagiert und deshalb kaum für "Teach First Deutschland" zu gewinnen. Dabei würde gerade denen ein wenig Engagement für andere gut tun. Bei der zweiten Gruppe, dort sind übrigens die Frauen in der Überzahl, haben wir dann aber genau diese wunderbare Mischung: Fleiß, Ehrgeiz, Selbstdisziplin, gepaart mit der Bereitschaft, sich zu engagieren – das könnte also klappen. Natürlich müsste man auch dieser Gruppe entsprechende Karrierechancen bieten.
Die Idee zu „Teach First“ wurde an amerikanischen Elite-Unis wie Harvard entwickelt und ist in den USA sehr erfolgreich. Sind amerikanische Top-Studenten sozialer?
Hurrelmann: Die Amerikaner haben sich schon immer zu ihren Eliten bekannt – und ihnen gleichzeitig soziale Verantwortung eingeimpft. Diese Tradition haben wir in Deutschland leider nicht. Hier wird man in seiner Ausbildung vom Staat weitgehend unterstützt und geht danach möglichst direkt in einen Beruf. Ohne nach links oder rechts zu schauen – denn auch für den Rest der Gesellschaft ist er Staat zuständig.
Kritiker befürchten, dass von "Teach First" vor allem die Top-Absolventen profitieren, denen der Schul-Einsatz als "boot camp" in Sachen Führungsstärke dient. Werden Problemschüler jetzt zu Versuchskaninchen des Management-Nachwuchses?
Hurrelmann: Das Modell funktioniert nur, wenn beide Parteien etwas davon haben. Der Elitestudent muss das Gefühl haben "Hey, ich kann den Schülern etwas beibringen - die kommen durch mich besser klar!" Und die Schüler wiederum sehen im Idealfall ein soziales Vorbild - einen "der's geschafft" hat. Um das zu vermitteln, braucht man exzellente Vorbereitung und Fingerspitzengefühl.
"Teach First Deutschland" setzt für seine Lehrer in spe ein achtwöchiges "Intensivtraining" an – reicht das?
Hurrelmann: Oh ja! Keine Sorge, das sind ja trotzdem alles Spitzenleute. Ich bin sicher, diese Studenten legen auch in acht Wochen eine sehr gute Ausbildung hin.
AReinhardt - 28. Nov, 10:12